Wissen, was Ärztinnen und Ärzte wirklich wollen

26.03.24 | Kliniken, Praxen und Medizinische Versorgungszentren sehen sich mit zunehmenden Herausforderungen in der Besetzung offener Stellen konfrontiert. Die bevorstehende Ruhestands-Welle von Ärztinnen und Ärzten, die Abwanderung qualifizierter Kräfte ins Ausland, die Nachfrage nach flexiblen Arbeitszeitmodellen verschärfen diese Situation zusätzlich. Wie kann man diesen Herausforderungen begegnen? Was wollen Ärztinnen und Ärzte wirklich?

Fragen wie diese beantworten Recruiting-Experten des Deutschen Ärzteverlags täglich im Kontakt mit ihren Kunden, den Arbeitgebern im Gesundheitswesen. Woher sie das wissen? Unter anderem aus den Ergebnissen einer Studie des Deutschen Ärzteverlags, in der mehr als 3.900 Ärztinnen und Ärzte unterschiedlicher Fachrichtungen und Positionen zu ihren Einstellungen und Bedürfnissen befragt wurden.

Marcus Lang, Leiter des Bereichs Recruiting Solutions im Deutschen Ärzteverlag, und Konstantin Degner, Senior Expert Business Development und Market, erzählen, warum die Studie durchgeführt wurde, welche Recruiting-Strategien sich daraus ableiten lassen und wie sie mit ihrem Wissen Arbeitgeber aus der Healthcare-Branche bestmöglich unterstützen.

Online und KI gewinnen an Bedeutung

Der Deutsche Ärzteverlag betreibt mit ÄRZTESTELLEN, dem Stellenmarkt des Deutschen Ärzteblattes, Deutschlands größte Stellenbörse für Medizinerinnen und Mediziner. Wie hat sich ÄRZESTELLEN angesichts der aktuellen Herausforderungen in den letzten Jahren verändert?

Portrait Marcus Lang
Marcus Lang. © aloi.photo

MARCUS: „Was sich festhalten lässt: Online gewinnt immer mehr an Bedeutung! Das sehen wir deutlich in den Zugriffszahlen bei aerztestellen.de. Ebenso wenn man die Ergebnisse der Studie 2021 und der aktuellen Studie miteinander vergleicht, zeichnet sich hier eine klare Entwicklung ab.

Insbesondere die nachrückenden Ärztinnen und Ärzte aus der Generation Y (1981–1997) und Generation Z (ab 1998) sind sehr online-affin. Wir investieren und arbeiten daher laufend an Verbesserungen unserer Plattform, um die Jobsuche für Ärztinnen und Ärzte einfacher und die Kandidatensuche für Unternehmen zielgenauer zu gestalten.

Seit gut eineinhalb Jahren ist auch das Thema KI im Mainstream angekommen und wir beschäftigen uns mit der Frage, wie wir KI in unser Angebot sinnvoll einbinden können. Ungeachtet aller Veränderungen am Arbeitsmarkt und in Sachen KI hat sich das Suchverhalten bisher nicht wesentlich verändert, wie unsere aktuelle Studie belegt.“

Tiefe Einblicke in die Zielgruppe

Der Deutsche Ärzteverlag ist mit ÄRZTESTELLEN seit Jahrzehnten im Geschäft. Man könnte meinen: Die Zielgruppe ist bekannt. Warum also diese Studie?

Konstantin Degner. © Deutscher Ärzteverlag

KONSTANTIN: „Wir beobachten die Entwicklungen in den Stellenmärkten der Medizinerinnen und Mediziner aus der ersten Reihe. Im direkten Kontakt mit unseren Kunden, den Arbeitgebern im Gesundheitswesen, lernen wir täglich viel über die Realität des gegenwärtigen Arbeitsmarkts.

Und auch die Bewerberseite kennen wir gut – durch die Analyse von Nutzungsdaten etwa von ärztestellen.de oder auch durch die persönlichen Begegnungen im Rahmen der OPERATION KARRIERE-Kongresse, bei denen wir in Hamburg, Berlin, Köln, Frankfurt und München den ärztlichen Nachwuchs – also Medizinstudierende und junge Ärztinnen und Ärzte – über Karriereoptionen informieren und mit potenziellen Arbeitgebern aus dem Gesundheitswesen zusammenbringen.

Unser Hauptanliegen ist es, konkret herauszufinden, was Ärztinnen und Ärzte wirklich bei der Jobsuche benötigen und erwarten. Unsere Studie dient daher dem Zweck, tiefe Einblicke in die tatsächlichen Bedürfnisse und Präferenzen der medizinischen Fachkräfte zu gewinnen, um unsere Angebote und Beratungsleistungen präzise darauf abstimmen zu können.“

‚one fits all‘ funktioniert nicht

Was hat die Studie ergeben? Was sind die wichtigsten Trends und Insights, die sich aus der Befragung ableiten lassen?

MARCUS: „Grundsätzlich sind 82 Prozent der Ärztinnen und Ärzte offen für einen neuen Job. Aber nur 15,4 Prozent suchen aktiv nach einer Stelle. Interessant sind insbesondere die zwei Drittel aller Ärztinnen und Ärzte, die nicht aktiv auf der Suche sind, aber wechselwillig, sofern sie das passende Angebot erhalten. Wie kontaktiert man diese Kandidaten und gewinnt sie für die eigene Klinik oder das eigene MVZ?

Die Studie hat ergeben, dass bei den latent Suchenden fast 42 Prozent beinahe jede Woche bzw. alle zwei Wochen den Stellenmarkt im Deutschen Ärzteblatt lesen. Unsere differenzierte Zielgruppenansprache und die ausgeprägte Markenstärke verschaffen uns hier einen entscheidenden Vorteil. Indem wir diese Kandidaten nicht nur auf ärztestellen.de erreichen, sondern auch im gedruckten Ärzteblatt, und sie zusätzlich im redaktionellen Kontext von ärzteblatt.de ansprechen, maximieren wir die Sichtbarkeit und Effektivität der Stellenausschreibungen unserer Kunden.“

KONSTANTIN: „Tatsächlich erleben wir im beruflichen Alltag, dass im Recruiting beispielsweise noch oft nach dem Prinzip ‚one fits all‘ bei der Kanalauswahl gehandelt wird. Es gibt allerdings nicht den einen idealen Kanal, um alle gleichermaßen zu erreichen. Während beispielsweise Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung gut über Online-Jobbörsen wie ärztestellen.de erreicht werden können, eignet sich der Stellenmarkt medizinischer Fachzeitschriften besser für höhere Positionen. Wie Ärztinnen und Ärzte suchen, hängt somit (noch?) maßgeblich von ihrer Hierarchiestufe ab: Je höher die Qualifikation, desto weniger online-affin sind die Kandidatinnen und Kandidaten derzeit. Dazu gibt uns die Studie nun Fakten und Zahlen an die Hand, mit denen wir innovative und auf Basis der Befragungen optimierte Ansätze im Recruiting-Kanalmix verargumentieren können.“

Diese Kanäle nutzen Ärztinnen und Ärzte häufig bei der Stellensuche. © Deutscher Ärzteverlag

Arbeitsumfeld oft entscheidend

Wie sieht denn die perfekte Stelle für Kandidatinnen und Kandidaten aus? Und wie der ideale Recruiting-Prozess?

KONSTANTIN: „Ein guter Job für Ärztinnen und Ärzte definiert sich vor allem durch ein positives Arbeitsklima, das zeigt unsere Studie sehr deutlich. Fast alle Befragten halten dies für sehr wichtig oder wichtig. Besonders für die junge Generation sowie allgemein für Frauen ist ein gutes Arbeitsumfeld oft das entscheidende Kriterium. Doch neben dem Arbeitsklima sind auch Arbeitsinhalte, ein angemessenes Gehalt mit Zusatzleistungen, die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben sowie flexible Arbeitszeiten Schlüsselfaktoren.

Trotz der hohen Bedeutung dieser Aspekte offenbart unsere Studie, dass viele Ärztinnen und Ärzte in Stellenanzeigen genau zu diesen Punkten oft Informationen vermissen. Insbesondere wünschen sich viele mehr Transparenz bezüglich der Arbeitszeiten, des Gehalts und der Arbeitsmodelle direkt in den Anzeigen. Ebenfalls von großem Interesse sind Einblicke in das Unternehmen aus der Perspektive der Belegschaft sowie Details zu Weiterbildungs- und Entwicklungsmöglichkeiten.

Und auch der Bewerbungsprozess selbst ist für viele Ärztinnen oder Ärzte eine Herausforderung: Der größte Faktor hier ist vor allem, sich die Zeit für eine Bewerbungen zu nehmen, aber auch die Formulierung des Anschreibens stellt oft eine große Hürde dar.“

Formel für erfolgreiches Recruiting

Gibt es eine Erfolgsformel, die Ihr aus der Studie abgeleitet habt?

KONSTANTIN: „Es lohnt sich für Einrichtungen, nicht nur die Sender- sondern vor allem die Empfänger-Perspektive einzunehmen. Man muss sich vorab intensiv mit der konkreten Zielgruppe der Stellenausschreibung beschäftigen. Dabei unterstützen wir die Kunden.

Letztendlich müssen Kliniken und MVZ sich vier Frage stellen: Erstens: Wer ist meine Zielgruppe? Zweitens: Wie erreiche ich meine Zielgruppe? Drittens: Was sind meine Botschaften an die Zielgruppe? Und – last, not least: Was bin ich bereit zu investieren, um sie zu erreichen?“

MARCUS: „Die Frage ‚Wer ist meine Zielgruppe?‘ hat viele Aspekte, die beachtet werden müssen. Es geht um demografische Faktoren wie Alter, Wohnort, Familienstand und so weiter. Aber auch sozioökonomische Eigenschaften wie Hierarchiestufe oder Gehaltsklasse spielen eine wichtige Rolle. Des Weiteren: Um welches Fachgebiet geht es und wie ist dort das Angebot am Markt? Ist es ein klassisches Fachgebiet oder geht es um absolute Spezialisten? Auf Basis der Antworten auf diese Fragen sollten Einrichtungen ihre Maßnahmen abstimmen und den passenden Recruiting-Kanal wählen.“

KONSTANTIN: „Außerdem geht es auch ums Tempo! Schnelle Kommunikationswege sind ein absolutes Muss! Dazu gehört auch, Bewerbungsprozess schlank zu gestalten – etwa, indem man auf Bewerberanschreiben verzichtet. Denn es hat sich gezeigt: Die Hälfte der Befragten würde sich eher bewerben, wenn kein Anschreiben erforderlich wäre. Bei den Ärztinnen und Ärzten in Weiterbildung sind es sogar über 60 Prozent.

Und schließlich: ‚Content is king.‘ Eine alte Weisheit, deren Bedeutung ungebrochen ist. Gerade in einem War for talents ist es entscheidend, dass die wichtigen Inhalte auch wirklich bei der Zielgruppe ankommen.“

Reichweite, Sichtbarkeit, inhaltliche Relevanz und schlanke Prozesse

Wie sieht konkret die Beratungsleistung des Teams Recruiting Solutions aus?

MARCUS: „Wir helfen Kliniken, MVZ und Praxen bei der Besetzung ihrer ärztlichen Vakanzen. Mit den Informationen über die Ärzteschaft unterstützen wir unsere Kunden bei der optimalen Kanalauswahl, um die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, den passenden Arzt oder die passende Ärztin unmittelbar zu erreichen. Darüber hinaus geben wir Empfehlungen im Hinblick auf die Auffindbarkeit der Stellenanzeige, also zum Beispiel: Wie lautet der optimale Stellentitel? Und mit welchen Inhalten kann ich punkten, um einen Kandidaten oder eine Kandidatin dahingehend zu motivieren, eine Bewerbung auf den Weg zu bringen?“

KONSTANTIN: „Im Recruiting von Ärztinnen und Ärzten geht es vorrangig um Reichweite, Sichtbarkeit, inhaltliche Relevanz und schlanke Prozesse. Wir bieten unseren Kunden mit dem Stellenmarkt im Deutschen Ärzteblatt und unter ärztestellen.de den perfekten Rahmen für ihre Stellenanzeige, teilen unser tiefes Zielgruppenverständnis und beraten sie zudem umfassend im Hinblick auf alle Faktoren, die das Recruiting im Gesundheitswesen erfolgreich machen.“

 

Marcus, Konstantin – vielen Dank für das Gespräch.